15 März Versatzstück 20120315
Von Kindern und Küchenschaben
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Theorien, die dem Denken Richtung geben
Bereits in einem der ersten Experimente der Sozialpsychologie aus dem Jahre 1898 von Norman D. Triplett wurde der Einfluss Anwesender auf das individuelle Verhalten untersucht.
Triplett ließ Kinder Angelschnüre aufwickeln. In seinen Experimenten nutzte er eine von ihm entwickelte Wettbewerbsmaschine. Mit ihr fand er heraus, dass Kinder in der Anwesenheit anderer Kinder, die ebenfalls Angelschnüre aufwickelten, in der Mehrzahl der Fälle schneller waren, als wenn sie alleine die Angelschnüre aufwickelten. Triplett bezeichnete dies als Dynamogenese (griech. dynamos: Kraft, griech. genesis: Entstehung).
Seine Schlussfolgerung: „Aus den obigen Ergebnissen der Laboratoriums-Wettbewerbe können wir schließen, dass die körperliche Anwesenheit eines anderen Konkurrenten, der gleichzeitig am Rennen teilnimmt, zur Freisetzung latenter Energien dient, die normalerweise nicht verfügbar sind.“
Die Einflüsse Anwesender erforschte in den 1960er Jahren auch Robert B. Zajonc. Er ließ Küchenschaben unter Beobachtung anderer Küchenschaben durch ein Labyrinth laufen. In einer einfachen Labyrinthversion zeigte sich dadurch eine Leistungssteigerung. In einer schwierigen Labyrinthversion wurde jedoch ein Leistungsabfall festgestellt.
Zajonc zog den Schluss, dass die Anwesenheit anderer den Abruf dominanter Reaktionsmustern fördert. Die Entwicklung neuer Reaktionsmuster, als Ergebnis einer inneren Auseinandersetzung, scheint hingegen unter Beobachtung erschwert. Damit knüpfte er an die zu dieser Zeit bereits diskutierte Unterscheidung zwischen Sozialer Aktivierung und Sozialer Hemmung an.
Doch zumindest für den Menschen gilt mit Sicherheit: Es gibt keine sichere Prognose. Stets spielen weitere Faktoren mit hinein. Dazu gehören Vorerfahrungen und auch die Interpretation der Anwesenden als relevante oder nicht relevante Personen.